Immaterielle Werte

Aussereuropäische Kulturen und ihre jeweils spezifischen, in ihrer Andersartigkeit hoch relevanten menschlichen Lebens- und Werte-Erfahrungen sind heute marginalisiert und weitgehend dem Untergang geweiht. Die Galerie Henseler versteht sich als Hilfe zur Überlebenshilfe von Kulturgütern, die diese Werte symbolisieren. Es handelt sich um Skulpturen und Gebrauchsgegenstände traditioneller archaischer Stammes- und Feudalgesellschaften aus Afrika, Amerika und Ozeanien.

Einen weiterern, besonderen Wert ethnographischer Kunst sieht die Galerie Henseler in deren Authentizität und der zentralen Stellung die diesem Begriff zukommt. Auf Gegenstände bezogen defniert sich Authentizität als Merkmal von im jeweiligen traditionellen, kultisch-jenseitsbezogenen Kontext hergestellten und auch in Gebrauch gewesenen Objekten. Der besondere Wert besteht hier darin, dass die spirituelle und humane Lebens- bzw. Überlebenshilfe im Vordergrund steht, dem materiellen Warencharakter kommt lediglich zweitrangige Bedeutung zu. In der westlichen Welt wird dagegen Authentizität von der zunehmenden Kommerzialisierung aller Lebensbereiche nach und nach gerdezu verschluckt; humane und spirituelle Werte nehmen ab.


Materielle Werte

Der heutige materielle Wert ethnologischer Objekte, ihr Marktwert in unserer Zivilisation, ist, gemessen an dem durchschnittlich hohen Qualitätniveau authentischer ethnographischer Objekte immer noch sehr niedrig. Dies im Vergleich mit der Bewertung entsprechender europäischer/westlicher Kunstobjekt-Werte. Der Grund hierfür ist die oben erwähnte Marginalisierung, die Geringschätzung des Fremden, Andersartigen.

Zusammenfassend und kontrovers zu dieser Haltung gegen alles Fremde, in der auch letztlich der Rasssismus seine Wurzeln hat, lässt sich sagen, dass die Werte vielfältiger und reichhaltiger künstlerischer Äusserungen »fremder« Kulturen Menschheitserfahrungen darstellen, die von der Galerie Henseler auch als die unseren verstanden und entsprechend präsentiert werden. Das Sichtbarmachen von berückender Schönheit und Kraft, unausschöpfbarer Rätselhaftigkeit und zur Meditation einladender Weisheit soll konsequenterweise zum Erhalt noch existenter materieller Belegstücke – darunter auch einiger Meisterwerke – dieser Kulturen anregen und beitragen.


• MEINUNGEN •

Artikel über eine Textilausstellung vom 6. / 7. Juni 2015 – klick PDF

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MUMUYE

Die Mumuye Ethnie im Nordosten von Nigeria, südlich des Benue Flusses besteht aus sieben verschiedenen Untergruppierungen mit unterschiedlichen Sprachen, bzw. Dialekten.

Die formale Qualität des Mumuye Stils besteht in einem « kubistischen », prismenartigen Kerbschnitt, der sowohl in der waagrechten als auch in der senkrechten Ebene zur Anwendung kommt. Außerdem weisen viele Figuren eine, in der generell statischen Afrikanischen Skulptur, eher ungewöhnliche Beweglichkeit auf: die Torsion des Rumpfs und insbesondere der Arme.

Die inhaltliche Qualität der Mumuye Skulptur gründet in zwei Besonderheiten dieser Kultur.
Erstens wird bei diesem Stamm die Bildhauertradition nicht, wie meist in Afrika, von dem Vater auf den Sohn übertragen. Zu Schnitzen ist hier keine familien-handwerkliche Verpflichtung, sondern Berufung.

Zweitens handelt es sich bei den figürlichen Darstellungen der Mumuye – die nicht, wie so oft in Afrika der Ahnenverehrung dienen - um multifunktionale Objekte, die auf Grund ihres besonderen, akkumulierten Status in der Mumuye Gesellschaft dem Bildhauer gesteigerte Anforderungen auferlegen.
Die zahlreichen Funktionen – immer handelt es sich um Schutzgeister die Lebenshilfen gewähren sollen – sind zwar bei anderen Stämmen in Afrika auch zu finden, jedoch – im Unterschied zu den Mumuye – jeweils in unterschiedlichen figürlichen Skulpturen personifiziert. Im Einzelnen handelt es sich um Schutz vor und Heilung von Krankheiten, Wahrsagen und Zukunftsprognose, Abwehr von Bösem, unter Anderem Schutz des eigenen Hauses und schließlich Regenzauber, bedingt durch die ausgesprochen ariden Landschaften in denen die Mumuye leben.

Mumuye Masken sind nicht so häufig zu finden; in Afrika werden sie bei Initiationszeremonien, Begräbnissen, Erntefeiern und dem Vabo Kult getanzt.

Die besondere künstlerische Qualität der Mumuye Skulptur ist ein Ergebnis der selbstbestimmten Berufstätigkeit der Mumuye Künstler und dem Wunsch den geballten Anforderungen gerecht zu werden, die sich aus dem hohen Status der erwähnten Multifunktionalität der zu bearbeitenden Inhalte ergeben.

A. Henseler
Exhibition: 10. März – 28. Mai 2022